Von Masken­snobs und Corona-­Accessoires


    Mit spitzer Feder …


    (Bild: zVg)

    Jeder hat sie, jeder trägt sie: Die Maske ist ein ständiger Begleiter dieses Jahr. Auch ich gehe seit bald einem halben Jahr nicht mehr ohne Maske aus dem Haus. Nebst meinem Natel gehört sie zum unerlässlichen Accessoire. Gehe ich aus der Tür, blicke ich grösstenteils nicht mehr in Gesichter, sondern auf Vermummte – als wäre ich Zeugin eines immerwährenden Massen-Banküberfalls. Letztere gehen ja jetzt auch nicht mehr so einfach. Der Räuber sieht ja nun aus wie alle Kunden. Dabei fing alles mit einer grossangelegten Leugnungs-Kampagne an. Zu Beginn der Krise tönten sämtliche Virologen im TV und alle Behörden, inklusive Mister Corona immer wieder: «Masken bringen nichts – vollkommener Unsinn – lasst es!» Jetzt sind sie verpflichtend. Die schlichte Wahrheit ist wohl: Man hat uns das so oft gesagt, weil man keine hatte. Kommt ja nicht so gut, wenn ein Politiker sagt: «Die Dinger helfen, aber leider können wir sie der Bevölkerung nicht zur Verfügung stellen. Wir haben trotz der … ääh … seit langem vorliegenden Pandemie-Pläne keine vorrätig oder diejenige, die wir haben, sind untauglich.» Einige haben sich so ausgeholfen, dass sie selbst welche Masken genäht haben. Dies möchte ich als Ästhetin und stilsichere Modeliebhaberin nun mal lieber nicht gross kommunizieren. Nur so viel: Diese bunten Behelfsmasken der «Seiden-Wollen-Bast-Fraktion», die meiner Meinung nach mehr Virenschleudern denn epidemiologischer Schutz sind, sind optisch oftmals eine Zumutung. Jedenfalls haben nun alle – ganz zuletzt auch die WHO – begriffen: Masken schützen. Eine ziemlich grosse Herausforderung für viele ist allerdings, das richtige Tragen der Masken. Auch nach einem halben Jahr hat es über die Hälfte der Bevölkerung immer noch nicht begriffen, wie Masken fachgerecht getragen werden, ohne dass sie zu einem Nährboden für Bakterien und Pilze werden. Einige lassen die Masken lässig an einem Ohr baumeln oder ziehen sie sich unters Kinn oder schieben sie sich hoch in die Haare. Das soll cool rüberkommen – so wie früher das Rauchen. Da krieg ich gleich Schnappatmung unter der Gesichts-Haube. Aber unter dem Strich scheint das kollektive Tragen eines Mund-Nasenschutzes ja doch zu helfen. Die Infektionszahlen hierzulande sinken – wenn auch im Schneckentempo! Dies liegt wohl auch daran, dass unsere Behörden und das BAG noch etwas Nachhilfeunterricht im Lesen und Interpretieren des sogenannten R-Wertes bedürften.

    Ob in der Zeit nach Corona unvorstellbare Phänomene wie Geisterspiele, hausgemachte Haarschnitte oder mehrmals täglich Hände desinfizieren bleiben werden, ist ungewiss. Eines aber ist sicher: Die Mund-Nasen-Maske wird überleben. Dies macht nicht nur epidemiologisch Sinn, sondern auch ästhetisch. Denn der Nasen-Mundschutz macht attraktiv. Dies propagieren nicht nur die Häuser Dior, Versace und Trigema mit ihrer Kollektion an modischer Designer-Corona-Masken. Die Mundwinkel hängen herunter, die Lippen sind spröde und von Falten umsäumt, und das Kinn war auch schon mal straffer. Kaum aber hat man den Mund-Nasen-Schutz angelegt, ist das eigene Spiegelbild wie verwandelt: Feurig funkeln die Augen in die Welt, wohingegen die unvorteilhaften Partien von der Nase abwärts mit einem schwarzen Tuch bedeckt sind, das vor Corona zum Schuhpolieren diente. Genauso einen Mundschutz pflegten die Cowboys im Wilden Westen bei Wirbelstürmen oder Banküberfällen zu tragen. Und was soll man sagen: Im Grunde genommen sieht man jetzt aus wie Charles Bronson oder Clint Eastwood. Auf alle Fälle verwegen und unwiderstehlich.

    Noch wirkungsvoller sind die offiziellen Corona-Masken aus der Apotheke mit dem medizinischen Türkisgrün auf der Vorderseite. Männer, die so eine Maske tragen, umgibt sofort die Aura des Chefarztes, die unumstrittene Autorität eines Halbgottes in Weiss. Bei Rendezvous mit Damen entfaltet die Chefarzt-Maske eine umwerfende Wirkung, weshalb auch nach der Corona-Zeit kein Mann auf sie verzichten wird. Frauen wiederum verleiht der Mund-Nasen-Schutz etwas Geheimnisvolles. Es ist, als wären sie eine dieser zauberhaften Traumwesen aus Tausendundeiner Nacht, die alle Mysterien des Orients verkörpern. Ergo – vernünftige Leute sehen im Mund-Nasen-Lappen nur Vorteile: Wir Frauen sparen Lippenstift, Männer die Rasur und wir alle sind dennoch so attraktiv wie nie zuvor.

    Herzlichst,
    Ihre Corinne Remund
    Verlagsredaktorin

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